Geboren in Köln, 1936
Lebt und arbeitet in Aachen
Die Aquarelle. Lineare Transparenz – räumliche Verdichtung
Joachim Bandau
Grundlage meiner Aquarelle ist die Entwicklung unterschiedlicher Bildsysteme: Darunter verstehe ich jeweils die Wahl eines bestimmten Bildmoduls und des daraus resultierenden Arbeitsprozesses. Das Ergebnis der rein linear reduzierten Aquarelle sowie die dazu notwendigen Arbeitsschritte sind genau geplant. Der weitaus größeren Gruppe von Aquarellen liegen polyphone Strukturen zu Grunde: Jeder einzelnen Fläche wird die größtmögliche Autonomie zugebilligt, jede neu gesetzte Fläche ist die Antwort auf die vorangegangene, es sind intuitive Setzungen. Die einzelnen situationsbezogenen Arbeitsschritte haben improvisierenden Charakter, sie umspielen und verdichten das Grundthema. Es sind immer ad hoc Entscheidungen: Welche Bedingungen bestimmen das Entstehen einer Fläche, welche Rolle spielt der Zufall, etc.? Aus diesem Arbeitsprozess entstehen die vielfältigen Schichtungen transparenter Flächen, aus der Verdichtung der Flächen entwickelt sich ein in die Tiefe hineingreifendes Raumgefüge. Das Bild entsteht aus einem dialogischen Verhältnis zwischen den einzelnen sich überlagernden Feldern und mir als agierendem Künstler. Aus dem beschriebenen Arbeitsprozess entwickelt sich der Weg jedoch ohne genaue Kenntnis des zu erreichenden Ziels, so ist das Ziel das Ergebnis vieler suchender Arbeitsschritte, der Abschluss die schwierigste Entscheidung.
Als eine weitere Dimension meiner Aquarelle betrachte ich die Zeit: Die einzelnen Felder entstehen in einer zeitlichen Abfolge. Oft arbeite ich über Monate an einer einzigen Arbeit, einige sind in einem Zeitraum von mehreren Jahren entstanden. Die einzelnen Schichten dokumentieren mehr oder weniger lesbar den Werdegang einer Arbeit. Die Anzahl der einzelnen Arbeitsgänge schwankt von Blatt zu Blatt, es dürften zwischen zwanzig und vierzig und manchmal auch mehr sein. Vieles wird dabei überdeckt und bleibt unaufTindbar, die Komplexität einer jeden Arbeit erschließt sich erst bei analytischer Betrachtung. Der Betrachter entschlüsselt das Werk rückläuTig, er erfährt den zeitlichen Ablauf des malerischen Prozesses, nur in der Zeit kann er das Wechselspiel der einzelnen Felder zueinander verstehen. Die Erfassung dieser komplexen Bildstruktur führt zu einer angedeuteten, manchmal nicht genau zu fassenden, ja sich ändernden Raumtiefe hin, in der sich das Auge zu verlieren scheint, abhängig von welchem Blickwinkel ich die Arbeit betrachte oder von welcher Seite ich in das Bild hineingehe.
Quelle: Katalog, Joachim Bandau, Quodlibet, 2008