Hiroko: Mondlicht
Hirokos neue Bilder, mit schwarzer Tusche auf nachtblauem Grund gemalt, sind dunkel und doch voller Licht. Dieses eigentümliche Paradoxon will genauer erkundet werden; dem schnellen Blick enthüllt es sich nicht. Wenn man lange auf eine dieser Arbeiten schaut, bemerkt man, sobald die Augen sich eingesehen haben, wie sie sich scheinbar aufhellt, wobei die Binnenstruktur der Tuscheflächen immer mehr Details erkennen lässt. Sobald man sich bewegt, verschiedene Standpunkte und Blickwinkel einnimmt oder gar wechselnde Lichtverhältnisse erprobt – idealer Weise bei Tageslicht – wird man sich bewusst, wie ungemein lichtsensibel diese Arbeiten sind: Die Tusche erscheint mit einem Mal kaum noch schwarz, eher grau oder anthrazit in unterschiedlichen Nuancierungen, stellenweise silbrig, was an die Oberfläche von Schiefer erinnert, oder – und das ist die Assoziation, die Hirokos Titelwahl andeutet, – wie die Reflexion von Mondlicht, das auf einer nächtlichen Wasserfläche glänzt.
Wasser in seiner Erscheinungsvielfalt, seiner Lebendigkeit und Schönheit, aber auch all seiner Unberechenbarkeit und Abgründigkeit, ist immer wieder eine Referenz in Hirokos Arbeiten, was angesichts der wässrigen Konsistenz ihrer bevorzugten Malmittel – Tusche und Acrylfarbe – unmittelbar einleuchtet. Die Künstlerin kommt von der Sho-Malerei her, einer weiterentwickelten abstrakten Form der traditionellen Kalligraphie. Nach wie vor wichtig sind für Hiroko die Prinzipien, den Auftrag der Tusche mit dem Pinsel in einem Arbeitsgang zügig zu vollziehen und keine nachträglichen Korrekturen mehr anzubringen. Das Ergebnis ist das Zusammenspiel der fokussierten, in höchster Konzentration und nach langer Vorbereitung durchgeführten Malarbeit der Künstlerin mit dem nur sehr bedingt kalkulierbaren Eigenwillen des verwendeten Materials. Die Bewegung der schweren, tuschegetränkten Haare des übergroßen Pinsels, das Tropfen und Spritzen der Tusche und insbesondere deren Trocknungseigenschaften, die für die Herausbildung unterschiedlich gesättigter Stellen sorgen, was zuweilen an Luftaufnahmen von Gebirgslandschaften erinnert, – das alles sind Unwägbarkeiten, die es möglich machen, dass das vollendete Bild selbst für die Künstlerin stets Überraschungen bereithält.
So zeichnen sich Hirokos Werke also durch eine grundlegende Vereinigung von Gegensätzen aus: lichtvolle Dunkelheit, das Zusammenspiel von Planung und Zufall sowie, in der Summe, ihre meditative Stille, die sich jedoch einem äußerst dynamischen Entstehensprozess verdankt. Das alles macht diese Arbeiten so berührend und ungreifbar wie das Funkeln von Mondlicht im Wasser.
Peter Lodermeyer
Hirokos neue Bilder, mit schwarzer Tusche auf nachtblauem Grund gemalt, sind dunkel und doch voller Licht. Dieses eigentümliche Paradoxon will genauer erkundet werden; dem schnellen Blick enthüllt es sich nicht. Wenn man lange auf eine dieser Arbeiten schaut, bemerkt man, sobald die Augen sich eingesehen haben, wie sie sich scheinbar aufhellt, wobei die Binnenstruktur der Tuscheflächen immer mehr Details erkennen lässt. Sobald man sich bewegt, verschiedene Standpunkte und Blickwinkel einnimmt oder gar wechselnde Lichtverhältnisse erprobt – idealer Weise bei Tageslicht – wird man sich bewusst, wie ungemein lichtsensibel diese Arbeiten sind: Die Tusche erscheint mit einem Mal kaum noch schwarz, eher grau oder anthrazit in unterschiedlichen Nuancierungen, stellenweise silbrig, was an die Oberfläche von Schiefer erinnert, oder – und das ist die Assoziation, die Hirokos Titelwahl andeutet, – wie die Reflexion von Mondlicht, das auf einer nächtlichen Wasserfläche glänzt.
Wasser in seiner Erscheinungsvielfalt, seiner Lebendigkeit und Schönheit, aber auch all seiner Unberechenbarkeit und Abgründigkeit, ist immer wieder eine Referenz in Hirokos Arbeiten, was angesichts der wässrigen Konsistenz ihrer bevorzugten Malmittel – Tusche und Acrylfarbe – unmittelbar einleuchtet. Die Künstlerin kommt von der Sho-Malerei her, einer weiterentwickelten abstrakten Form der traditionellen Kalligraphie. Nach wie vor wichtig sind für Hiroko die Prinzipien, den Auftrag der Tusche mit dem Pinsel in einem Arbeitsgang zügig zu vollziehen und keine nachträglichen Korrekturen mehr anzubringen. Das Ergebnis ist das Zusammenspiel der fokussierten, in höchster Konzentration und nach langer Vorbereitung durchgeführten Malarbeit der Künstlerin mit dem nur sehr bedingt kalkulierbaren Eigenwillen des verwendeten Materials. Die Bewegung der schweren, tuschegetränkten Haare des übergroßen Pinsels, das Tropfen und Spritzen der Tusche und insbesondere deren Trocknungseigenschaften, die für die Herausbildung unterschiedlich gesättigter Stellen sorgen, was zuweilen an Luftaufnahmen von Gebirgslandschaften erinnert, – das alles sind Unwägbarkeiten, die es möglich machen, dass das vollendete Bild selbst für die Künstlerin stets Überraschungen bereithält.
So zeichnen sich Hirokos Werke also durch eine grundlegende Vereinigung von Gegensätzen aus: lichtvolle Dunkelheit, das Zusammenspiel von Planung und Zufall sowie, in der Summe, ihre meditative Stille, die sich jedoch einem äußerst dynamischen Entstehensprozess verdankt. Das alles macht diese Arbeiten so berührend und ungreifbar wie das Funkeln von Mondlicht im Wasser.
Peter Lodermeyer