Masamichi Yoshikawa: Porzellan

3 Juni - 15 Juli 2023

Masamichi Yoshikawa - Üppige keramische Paläste


Schönheit entzieht sich bekanntermaßen einer allgemeinen Objektivierung und gerät deshalb oft in inflationären Gebrauch. Doch trifft kein anderes Wort die Erhabenheit und Harmonie, die von den Porzellanskulpturen des japanischen Künstlers Masamichi Yoshikawa ausgeht und die sich durch den Einklang von Form und Oberfläche herstellt. Der Künstler kreiert Räume aus Porzellanplatten, die sich auf unterschiedliche Weise ineinander verschachteln und durchdringen. Dünne Wände verbinden sich mit dicken Quadern, Riegel schieben sich dazwischen. Die Kubaturen sind ungleichmäßig, asymmetrisch, von tiefen Einschnitten geprägt. Jedes Teil der LUXURIANT POTTERY PALACES trägt die Spuren der Finger des Künstlers, verweist auf die Handarbeit und die Intensität, mit der er sich seinen Objekten widmet. Zur vollendeten Schönheit reifen sie durch die Seihakuji-Glasur. Wie ein schmelzender Gletscher umgibt sie die Arbeiten und verleiht ihnen damit einen transzendentalen Charakter. Die Objekte sind Träger einer spirituellen Gegenwart. Der Künstler interpretiert kulturelle japanische Traditionen völlig neu.


Yoshikawa gehört zu den bedeutendsten Keramikern Japans. Mit seiner Porzellankunst hat er längst Geschichte geschrieben. Geboren wurde der Künstler 1946 in Chigazaki. Er studierte Industriedesign an der Tokyo Design Academie und entdeckte danach die Keramik für sich. Seinen Lebensmittelpunkt fand er in Tokoname, einem historischen Keramikzentrum, das neben Seto, Echizen, Shigaraki, Bizen und Kandacho Kui zu den „Sechs alten Öfen“ Japans zählt. An diesem Ort mit jahrhunderter alter Keramiktradition beschäftigte sich Yoshikawa mit makellosem weißem Porzellan und seiner spirituellen Seite. Weiß steht im Gegensatz zu dem roten Ton, aus dem vor allem Geschirr für die Teezeremonie gefertigt wird. Die intensive Auseinandersetzung mit Porzellan und seinen Eigenschaften führte den Künstler zu einer radikalen Abkehr von der Funktion. Bei den Objekten, die sich an gebauter Architektur orientieren, steht die Freiheit der einzelnen Formen im Mittelpunkt. Yoshikawa lässt sie unterschiedlichste Verbindungen eingehen, filigran und kleinteilig oder blockhaft fest. Es liegt beim Betrachter, in der konstruktiven Dychtomie die Idee eines Lebensraumes zu finden, der weit mehr vermittelt als sichtbare Materie.


Neben freier Plastik arbeitet Yoshikawa auch an Gefäßkeramik. Das handgeformte Porzellan übergießt er mit Seihakuji-Glasur. Diesen für die Komposition wichtigen Vorgang veranschaulicht er durch die teilweise Sichtbarkeit des Scherbens an der unteren Außenwand der Teeschalen. Die Glasur erstarrt plötzlich. Auch Tropfen des Verlaufs bleiben sichtbar und machen die Kostbarkeit und Tiefe des lichten Blau-Grün erlebbar. Die große Meisterschaft, die er im Umgang mit dieser Glasur beherrscht, zeigt sich vor allem auch bei Gefäßen mit Bemalungen und Einritzungen. Mit zarten, kobaltblauen Strichen zeichnet er geometrische Muster und Skizzen, die durch die Seihakuji-Glasur zu Zeichen werden, die aus dem Innern des Materials zu kommen scheinen. Geheimnisvolles aus tieferen Schichten zeigt sich an der Oberfläche. Die Zeit ist eine weitere Dimension, die der Künstler seinen Werken einschreibt.


In der Ausstellung zum Werk von Masamichi Yoshikawa in der Galerie Friedrich Müller, Japan Art, werden neueste Arbeiten des weltweit bekannten Künstlers vorgestellt.


Doris Weilandt