Jürgen Schön, LL2018, Blatt 18, Bleistift, Acryl auf Papier, Tusche, 439 x 607 mm (Foto: Herbert Boswank)
Respekt, Herr Schön!
Wir befinden uns mitten in der Skulptur, zu der Jürgen Schön das Studiolo des Kupferstichkabinetts verwandelt hat. Wie die Direktorin Stefanie Buck zum Anfang der Begehung bemerkt: „Papier ist dreidimensional“!
Seit dem 3.4. bis zum 20.05.2019 ist die Ausstellung des Dresdner Bildhauers Jürgen Schön (*1956) ‚Zwei Formen im Raum’ zu sehen. Der gelernte Steinmetz arbeitet an der Schnittstelle zwischen Skulptur, Zeichnung und Installation. Im Zentrum von Schöns Beschäftigung steht die unermüdliche Auseinandersetzung mit Räumlichkeit. Auf Zug- und Autofahren entstehen unzählige Skizzenbücher, die im Atelier zu Tusche und Acrylarbeiten verarbeitet werden. Diese sind Grundlagen für die minimalistischen Papierobjekte und Zeichnungen, in denen er in parallelen Arbeitsgängen bildhauerische Grundformen analysiert.
Eine Form ist der graue Rahmen um die beiden Türöffnungen. Die L-Form, die Schön bereits in seinem Formenrepertoire mehrfach durchgespielt hat. Eine andere ist die vorhandene Vitrine mit dem Bildnis August des Starken, der die Schätze wie z.B. die wunderbaren Drechselarbeiten aus Elfenbein und Arbeitsgeräte in der Vitrine beauftragt hat wie beispielsweise ein L-förmiges Messgerät.
Mit Respekt begegnet Jürgen Schön dem Vorhandenen. Er will den Objekten in der Vitrine nichts hinzufügen, sie wird nur in seine Planung der Ausstellung mit einbezogen. Bevor er die Auswahl der Arbeiten trifft und ein Modell dazu baut, scannt er den Raum: jedes Detail ist wichtig. So beispielsweise die spiegelnde schwarze Umrandung der Vitrine, dessen Abschluss sich in den Raum verlängert und die Höhe der Anordnung von drei Serien aus der Werkgruppe von fünf im Sommer 2018 entstandenen 12-teiligen Zeichnungsserien bestimmt. Präzise gedacht, klar umgesetzt wird ein Raster entworfen, das die Rhythmik des Raumes und seine spezifischen Gegebenheiten einbezieht. Ebenso wie der Mensch wichtig ist - auch in seiner Abwesenheit. In drei unterschiedlichen Anordnungen auf die Proportionen der drei Wände abgestimmt– als Block, als horizontales Band und als loses Gefüge - sind die Blätter angebracht.
Wie die Drechselarbeiten in der Vitrine eine geordnete Welt im Kleinen darstellen, ist die künstlerische Praxis Schöns Antwort auf die Dinge. Beharrlich und ausdauernd setzt er abstrakt-geometrische Formen in räumliche Bezüge zueinander So wie seine Lieblingsfarbe grau alle Farben vereint, sind in den abstrakten Formen reale vorhanden - von Architektur über Landschaft und Stadtraum bis zum Gegenstand.
Und so können wir sie auch als Ergänzung zu den beiden Ausstellungen in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sehen: „Tendenz Abstaktion. Kandinski und die Moderne um 1910“ im Kupferstichkabinett, sowie „Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919-1932) im Albertinum.
„100 Jahre später erinnert Jürgen Schön daran, dass abstrakte Bildwelten nichts von ihrer Welthaltigkeit und künstlerischen Relevanz eingebüßt haben“, wie der Kurator Björn Egging in seiner Text auf dem schönen Faltblatt, das auch als Plakat dient, resumiert. Dieses Faltblatt im Display neben der Tür erregte kurz die Aufmerksamkeit von Stephanie Buck durch das rote runde Logo der SKD als Störfaktor, doch der Künstler winkte nonchalant ab und verwies auf Entsprechungen runder metallener Punkte neben den Türöffnungen. Der Direktor des Grünen Gewölbes Dirk Syndram mit einem roten gehäkelten Blümchen am Revers freute sich sehr über den klaren Raum und meinte scherzhaft, dass er extra als Ergänzung zu diesem Punkt gekommen sei.
Elly Brose-Eiermann
Weitere Informationen unter:
https://www.skd.museum/presse/2019/juergen-schoen-zwei-formen-im-raum
Text zur Ausstellung von Jürgen Schön im Kupferstich-Kabinett Dresden
„Respekt, Herr Schön!“ von Elly Brose-Eiermann
Mai 7, 2019